Die Frankfurter Brücken sind ein Schaufenster der Innovationen, nicht nur in puncto Technik, humane Architektur, Nachhaltigkeit etc., sondern auch in allen Bereichen von Inklusion: Das gilt auch für die Arbeitsrechtslage auf den Brücken
Auf den Frankfurter Brücken können Menschen in den Arbeitsalltag (zurück)finden, die für gewöhnlich nicht arbeiten gehen können oder für die es sich in keinster Weise lohnt zu arbeiten: (1) Das sind zum einen Menschen, die aus einem produktiven gesellschaftlichen Kontext herausgefallen sind, weil sie drogenabhängig, obdachlos oder in sonstiger Weise beeinträchtigt sind. Diese Menschen können täglich an Sammelpunkte kommen, wo die Gärtner- und Reinigungstruppen für die Frankfurter Brücken starten, und können sich für 2 bis 5 Stunden ganz flexibel zur Arbeit eintragen lassen, um nach den abgeleisteten Stunden direkt bezahlt zu werden. (2) Zum anderen bieten die Frankfurter Brücken bevorzugt Rentnern die Möglichkeit, sich bis zu 30 Stunden pro Woche in Betreiberkiosken, Hobby-Pop-ups, als Fahrbegleiter etc. zu betätigen für adäquate Stundenlöhne, die komplett brutto für netto verdient werden. Weitere innovative Vertragsregeln können auf den Brücken modellhaft implementiert werden, wie beispielsweise das Weiterbildungsrecht in anverwandten Berufen oder Tätigkeiten mit bis zu anderthalb Tagen pro Woche für alle Arbeitnehmer auf den Brücken.
Solche innovativen Ansätze sind zunächst auf die Frankfurter Brücken begrenzt, um nach Ablauf einer gewissen Lernphase Rahmenrichtilinien definieren zu können, die eine Übertragung auf den gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland möglich machen.
Obdachlose und/oder Drogenabhängige brauchen nicht nur „housing first“ sondern auch „Würde durch Arbeit zuerst“
Diese Menschen, die auf der Straße leben und meist drogenabhängig sind, haben in erster Linie zwei Probleme, die ihre Integration in die Arbeitswelt verhindern:
- Sie sind physisch oder psychisch nicht in der Lage, einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen; und
- sie haben häufig keine Ausweispapiere, bzw. selbst wenn sie sie hätten, könnten Sie den bürokratischen Aufwand, der notwendig ist, nicht
Hinzu kommt, dass sie häufig auch nicht (mehr) in der Lage sind, geistig oder physisch anspruchsvolle Tätigkeiten zu verrichten. Damit sind sie abgeschnitten von potentiellen Einnahmequellen, und ebenso häufig sind sie von der Möglichkeit, Sozialhilfe zu beanspruchen, ebenfalls ausgeschlossen. Um an Geld zu kommen bleiben Betteln, Diebstahl, Prostitution oder andere illegale Aktivitäten, für die es eben auch keinerlei Ausweispapiere, Anmeldung, Steuererklärung oder sonstiger Bürokratie bedarfs.
Diesen Menschen sollte daher eine völlig unbürokratische Möglichkeit gegeben werden, ohne jegliche regelmäßige Verpflichtung gelegentlich etwas Arbeit zu bekommen und dafür Geld auf die Hand zu bekommen. Auf den Frankfurter Brücken müssen 1 Mio Quadratmeter Grünfläche gepflegt werden, hunderte von Treppen und Fahrstühlen gereinigt werden – von Pflanz-, Pflege und Reinigungsarbeiten entlang und unter den Brücken ganz zu schweigen. Unter der Führung der Gärtner- und Reinigungstruppen auf den Brücken können pro Brückenprofi ca. zwei „Hilfskräfte“ mitgenommen werden, die dann einfache Arbeiten verrichten: Ein verzweifelter Drogensüchtiger bspw. oder ein obdachloser Alkoholiker können nicht garantieren, dass sie an bestimmten Tagen regelmäßig für eine bestimmte Zeit zum Arbeiten kommen können. Aber wenn sie sich in der Lage fühlen, können sie antreten, werden mitgenommen und helfen, und erhalten dann nach zwei, drei oder auch fünf Stunden ihren Lohn in einem der Betreiberkioske auf den Brücken bar auf die Hand. Der Stundenlohn sollte dem Mindestlohn entsprechen, also ca. 12,50 Euro, abzgl.. 1,50 für eine temporäre, an Brückentätigkeit gebundene Unfallversicherung sowie 1 Euro für Getränke und Imbiß während der Arbeit.
Wenn ein Mensch, der ansonsten keine Chance hat, mit zwei Stunden Arbeit an 20 Euro heranzukommen, plötzlich diese Möglichkeit sieht, sich selbst gelegentlich sein eigenes Geld zu verdienen, dann gibt ihm das nicht nur etwas von seiner Würde zurück, sondern stellt eine valide Alternative dar zu Diebstahl, Prostitution oder krimineller Tätigkeit. Um diese Funktion zu erfüllen, darf sich die Bezahlung nicht wie bei Taschengeldjobs oder Motivationsentschädigungen von 1,60 pro Stunde oder 7 Euro pro Tag beschränken. Der Staat erlaubt derartig geringfügigen Beträge aus panischer Angst vor Schwarzarbeit bzw. Steuerhinterziehung. Aber durch die Limitierung auf 5 Stunden Arbeit täglich kommt es ohnehin nicht zur Akkumulation eines zu versteuernden Einkommensbetrag.
Keine Bewerbungsprozesse, keine Anmeldebürokratie, flexible Mitarbeit, wann immer man in der Lage ist – nur so können Menschen, die aus der Gesellschaft herausgefallen sind, wieder in ein Arbeitsleben zurückfinden
Bislang ist es stets vermieden worden, solche „Inseln der rechtlichen Freiheit“ irgendwo in Deutschland zu schaffen. Die Begründungen:
- Versicherungssystem wird konterkariert: Wenn die „Brücken-Stundenkräfte“ sich nicht ausweisen können, wie kann dann die Versicherung bei einem Unfall greifen? Die Antwort: Brücken-Stundenkräfte sind nie alleine unterwegs, sondern stets in Begleitung von mindestens zwei Brückenmitarbeitern. Der Unfallversicherungsschutz gilt ausschließlich für die Dauer der Tätigkeit und erlischt umgehend, sobald die Bezahlung an einem der Betreiberkioske erfolgt ist. Bis dahin ist es im Falle eines Unfalls eindeutig, wer die betroffene Person war – völlig egal, ob es nun ein Papier mit einem Foto von ihr gibt oder nicht.
- Schwarzarbeit wird Vorschub geleistet: Dem Staat entgeht nichts, aber auch wirklich gar nichts, wenn die Brücken-Stundenkräfte, die ohnehin maximal 1000 Euro pro Monat verdienen können, auf dieses Geld keine Steuern zahlen. Wären sie steuerlich angemeldet, würde man ohnehin feststellen, dass sie keine Einkommenssteuer zahlen müssen. Und von diesen Menschen, die nicht wissen, ob sie im nächsten Winter auf der Straße erfrieren werden oder ob bzw. wann sie vielleicht an einer Überdosis sterben, solche Beträge wie „Sozialabgaben“ oder „Rentenbeiträge“ zu verlangen, ist völlig absurd. Genau so wie bei Krankenversicherung käme es im Zweifelsfall ohnehin nicht zu einer Auszahlung, die sich daraus finanzieren könnte.
- Anderen Menschen werden Arbeitsplätze weggenommen: Die Arbeit, die ein alkoholkranker Obdachloser oder Drogenabhängiger von der Straße leisten kann, ist sehr überschaubar. Die Frankfurter Brücken vergeben diese einfachen Arbeiten aus sozialen Gründen, und nicht, um Leistungsträger anzuziehen. Wer sich regulär bei der Betreibergesellschaft der Frankfurter Brücken bewirbt, um eine gärtnerische oder reinigende Tätigkeit hauptberuflich auszuüben, verdient deutlich mehr und kann auch nicht durch die Brückenstundenkräfte ersetzt werden.
Rentner können auf den Frankfurter Brücken ihren Zusatzverdienst unabhängig vom Renteneinkommen erhalten, also frei von Renten- und Sozialabgaben und mit einer Steuerprogression, die von Null beginnt.
Die nächsten Generationen werden mit weiterhin mit sinkenden Geburtenraten und Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Gleichzeit ermöglichen Fortschritte in der Medizin und verbesserte Lebensweise Gesundheit und Fitness oft bis ins hohe Alter. Auch wenn Menschen ab dem Rentenalter für gewöhnlich keine 40-Stunden-Woche mehr arbeiten können oder wollen, ist es dennoch sinnlos, sie deswegen für zwanzig Jahre oder mehr zur Untätigkeit zu verdammen bzw. ihnen Steuern abzuknüpfen, wenn sie zusätzlich zu ihrer hart erarbeitete Rente noch einem weiteren Erwerb nachgehen. Hinzu kommt, dass mit jedem Jahrgang, der in Rente geht, auch Erfahrung verloren geht. Auf den Frankfurter Brücken können Rentner daher in allen Bereichen arbeiten und extrem attraktive Zusatzverdienste erlangen: Erhält ein Rentner beispielsweise eine Rente von 1.600 Euro und nimmt auf den Brücken einen Teilzeitjob an, bei dem er 1.500 Euro pro Monat verdient, so zahlt er auf den Jahreszusatzverdienst von 18.000 Euro lediglich die Kranken- und Pflegeversicherung von rund 1.800 Euro p.a. sowie 540 Euro Einkommenssteuer p.a. - Renten- oder Sozialversicherungsabgaben hingegen entfallen komplett.
Das Recht auf adäquat bezahlte Arbeit gehört zur Würde des Menschen – auf den Brücken kann innovativ in einem besonderen Rechtsraum erprobt werden, wie schwächere Gruppen der Gesellschaft fair und wertschaffend in die Arbeitswelt (wieder)integriert werden
In der Gesellschaft der Zukunft ist es nicht sinnvoll, Menschen vom Arbeitsleben auszuschließen, weil sie nicht in der Lage sind, Bewerbungsprozesse, Ämtergänge oder Bürokratie zu meistern. Daher soll auf den Frankfurter Brücken der Erwerb mit „Brückenstundenlohn“ Menschen, die drogenabhängig, obdachlos oder anderweitig aus dem Rahmen gefallen sind, die Rückkehr in die gesellschaftliche Arbeitsteilung zu ermöglichen. Das führt nicht nur dazu, dass sie Geld verdienen können, anstatt kriminell zu werden oder zu betteln oder sich zu prostituieren, sondern es gibt ihnen auch Würde zurück und das Gefühl, ein Teil der Gesellschaft zu sein und etwas beizutragen.
Ähnlich verhält es sich mit Rentnern: Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, kann und will vielleicht nur noch drei oder vier Stunden pro Tag arbeiten. Aber diese Arbeit muss durch ein entsprechendes Gehalt gewürdigt werden, ohne dass die Rente, für die man ja bereits jahrelang hart gearbeitet hat, durch einen erhöhten Steuersatz geschmälert wird bzw. ohne dass die zusätzliche Arbeit so hoch besteuert wird, dass es sich nicht lohnt, seine Expertise und Energie noch in den gesellschaftlichen Prozess einzubringen.
Die frühere Sorge, dass durch Privilegierung von Rentnern bzw. ihr Verweilen in der Arbeitswelt bei jüngeren Menschen Arbeitslosigkeit geschaffen werden könnte, hat sich mit den stark sinkenden Geburtenraten in Deutschland erübrigt. Die Angst, dass bei Auszahlung von Bargeld auf die Hand nach einigen Stunden Arbeit ein florierender Schwarzarbeitsmarkt entstehen könnte oder Menschen ohne Arbeitserlaubnis in Lohn und Brot bringen könnte, ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß: Für 10 Euro pro Stunde Müll auf den Brücken aufsammeln oder Säcke mit Blumenerde schleppen ist keine Arbeit, um die sich irgendjemand als Schwarzarbeitsjob reißt. Da bei so kurzem Anheuern sehr gute Deutschkenntnisse die Voraussetzung sind, um die Aufgaben schnell und klar zu kommunizieren, entfällt auch die Gefahr, Personen ohne Arbeitserlaubnis eine heimliche Möglichkeit des Verdienstes zu bieten.
Ein innovativer gesellschaftlicher Ansatz muss her, damit Süchtige oder Obdachlose eine Chance bekommen und damit alte Menschen nicht isoliert und und mit dem Gefühl , nicht mehr gebraucht zu werden und nie wieder ein bißchen mehr Wohlstand verdienen zu können, zuhause in ihren vier Wänden sitzen. Die Frankfurter Brücken sind der ideale Ort, um Lösungen für diese Herausforderungen zu finden und in Gesetzesform zu fassen.