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Die größte Herausforderung bei vielen Verpackungen: Gewicht, Hygiene- und Haltbarkeitsanforderungen - lösbar durch Reduktion der Vielzahl auf einen Kunststoff

Für viele Lebensmittel und Drogerieprodukte gibt es auf den Frankfurter Brücken ebenfalls Mehrwegverpackungen aus bruchfesterem Glas oder Edelstahl. Für besonders leichte Produkte oder solche, für die Glas oder Edelstahlverpackungen ungeeignet sind, ist die Kunststoffalternative biobasiertes Polyethylen vorgesehen: Die Vielzahl der verwendeten Kunststoffe wird hierbei auf einen reduziert, bei dessen Verbrennung nur Wasser und COentstehen - letzteres in so reiner Form, dass es industriell wiederverwendet werden kann. Wird hingegen ein Gemisch aus Kunststoffen verbrannt, so entstehen zu viele Verbrennungsprodukte und die klare Abtrennung  und Wiederverwendung von CO2  wird damit unmöglich. Und Polyethylen passt für den Großteil der Produkte: Aus ihm können von Folien bis zu Hartschalen alle Verpackungsformen hergestellt werden, und es kann zudem aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.

Inhalt: Bei der Lösung für das Verpackungsproblem müssen verschiedene Ansätze kombiniert werden – Unverpackt, Mehrweg und Entsorgung

1.Produkte, die nicht unbedingt eine Endverbraucher-Verpackung benötigen, werden unverpackt gelassen.

2.Mehrwegverpackungen aus Glas und Edelstahl werden bei allen Lebensmitteln und Drogerieprodukten verwendet, für die sie geeignet sind.

3.Reststoffe aus der Verarbeitung von Agrarprodukten werden für nachhaltige Verpackungen verwendet– so, dass keine neuen Anbauflächen geschaffen werden müssen, sondern ohnehin vorhandene CO2-bindende Pflanzenreste sinnvoll genutzt werden.

4.Für viele Produkte sind allerdings Kunststoffverpackungen aus Hygiene- und Haltbarkeitsgründen notwendig. Auf den Brücken gibt es daher auch Kunststoffverpackungen, aber ihre Vielfalt wird auf Einsatzstoffe reduziert, damit selbst im Falle einer Entsorgung durch Verbrennung das CO2 dabei so rein freigesetzt wird, dass es mit einem Standardfilter aufgefangen und für weitere Produktionsprozesse als Herstellungsmittel genutzt werden kann.

Erst wenn man die Vielfalt der Verpackungsmaterialen auf einige wenige Materialien beschränkt, kann jede einzelne verbleibende Verpackungsform eine Größenordnung erreichen, die Skaleneffekte und damit Nachhaltigkeit ermöglicht

Die Verpackungswelt ist kaum zu erfassen: sie ist extrem vielfältig und unübersichtlich. Bislang ist es daher am einfachsten den Großteil der Verpackungen zu verbrennen: Denn Mehrweg-, Recycling- und Entsorgungsprozesse für so viele unterschiedliche Materialien haben einen entsprechend geringen Durchsatz, sodass die Skaleneffekte, die für die Einsparung von Ressourcen und Energie notwendig wären, nicht erreicht werden können. Die Antwort auf das Problem:  Die Komplexität der Materialien muss verringert werden – dann ergibt sich für die Einzelprozesse, egal ob Mehrweg, Recycling oder Entsorgung, ein deutlich höherer Durchsatz pro Prozess, wodurch das System nachhaltiger wird. 

 Allerdings muss die Reduktion differenziert erfolgen und berücksichtigen, dass unterschiedliche Produktgruppen unterschiedliche Verpackungsanforderungen haben. Denn leider gibt es nicht das eine „Supermaterial“, das auf einen Schlag alle aktuellen Verpackungsmaterialien ersetzen könnte. 

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Bisherige Lösungsansätze für Verpackungen in Supermarkt und Drogerie sind unbefriedigend

Die meisten unserer Lebensmittel und Drogerieprodukte sind in Einwegplastik verpackt. Einmal aufgebraucht, findet sich die Plastikverpackung im Abfalleimer wieder. Knapp 19 Mio. Tonnen Verpackungsmüll fielen in 2018 in Deutschland an – im Jahr 2009 waren es laut Statistiken des Umweltbundesamtes noch 15 Mio. Tonnen. Der Haushaltsmüll wird zum größten Teil verbrannt. Nur 16% davon wurden laut einer Studie des Marktforschungsinstitutes Conversio aus dem Jahr 2017 recycelt. Laut einer Stellungnahme des NABU (Naturschutzbund Deutschland) aus dem Jahr 2020 emittieren die thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland über neun Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

Es gibt gute Lösungsansätze, die jedoch alle gewisse Nachteile mit sich bringen:

(1) Recyclebare Kunststoffe lösen das Problem des Energie- und Ressourcenaufwandes nicht vollständig, denn meistens ist nur in Teilen echtes Recycling möglich – der Größte Teil geht an Downcycling verloren.

(2) Biokunststoffe: Die meisten sind nicht biologisch mit vertretbarem Aufwand abbaubar oder sondern bei biologischem Abbau bzw. Kompostierprozessen Mikroplastik ab.

Ein valider Lösungsansatz, der auch auf den Brücken gefördert wird, sind Unverpacktläden: Deren Konzept ist unter Hygiene- und Haltbarkeitsaspekten allerdings nicht für alle Produkte geeignet.

Auf den Brücken wird daher ein nachhaltiges Mehrweg- und Entsorgungssystem geschaffen werden, das mit robustem Glas, emailliertem Edelstahl, rückstandsfrei verbrennbaren Kunststoffen und biologisch komplett und energiearm abbaubaren Verpackungsmaterialien besteht. Dieses System kann sukzessive auf die Umgebung der Brücken, ganz Frankfurt und dann auf weitere Städte übertragen werden. 

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Heute landen für Einwegverpackungen aufgewandte Ressourcen und Energie buchstäblich in der Tonne - vollständiges Recycling ist selten möglich

Auch wenn ein Teil des Wertstoffes Kunststoff recycelt wird: Die meisten Plastikverpackungen sind so heterogen und vielschichtig, dass ein Recyclingprozess mit Trennung in wiederverwertbare Bestandteile viel zu aufwendig oder schlicht unmöglich ist.

Selbst die wiederverwendbaren Kunststoffsorten erfahren in der Regel ein Downcycling und kein Recycling, weil sie für Lebensmittelkontakt nicht mehr infrage kommen. Das heißt, es können keine neuen Lebensmittelverpackungen daraus hergestellt werden, sondern anspruchslosere Produkte wie Fußmatten und Blumentöpfe. 

Der positive Kerngedanke der recyclebaren Verpackung bleibt daher auf den Frankfurter Brücken in erster Linie bei zwei Materialien erhalten: Glas ist zu 40% recyclebar, Edelstahl sogar komplett.  

Biokunststoffe sind oft täuschend, da viele von ihnen ebenfalls Mikroplastik freisetzen können

Auch als kompostierbar zertifizierte Verpackungen sind nicht unkompliziert. Oft wird das Label „kompostierbar“ missverstanden, da sich diese Produkte nicht im heimischen Gartenkompost, sondern nur in industriellen Anlagen unter bestimmten Umständen zersetzen. 

Außerdem müssen sich als kompostierbar eingestufte Polymere nur zu 90% in Teile, die kleiner als 2mm sind, zersetzen (siehe EN 13432).

Es bleiben also immer kleine Teilchen übrig. Dieser 3-monatige Prozess verschlingt zudem Energie, da die zu kompostierende Masse bewegt werden muss und bestimmte Temperaturen eingehalten werden müssen.

Das belastet den ökologischen Rucksack z.T. massiv. Landet eine solche „kompostierbare“ Verpackung in der Natur, auf Mülldeponien oder in Gewässern, zerfallen sie wenn überhaupt unter Abgabe von Mikroplastik.

Häufig kommt der Ruf nach Rückkehr zu früheren Einkaufsprozessen – aber die Anforderungen in Supermarkt und Drogerie sind höher als früher im Tante-Emma-Laden bzw. auf dem Markt

Während Take-away Verpackungen eine Nutzungsdauer von wenigen Stunden haben, braucht es vor allem für den Supermarkt Verpackungen, die die Lebensmittel über die gesamte Lieferkette hinweg schützen und jede Beeinträchtigung ausschließen. 

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So einzukaufen wie früher im Tante-Emma-Laden ist ebenfalls schwierig: ein Großteil unserer Lebensmittel muss nach wie vor zu lange Transportwege überstehen und ist nicht regional. 

Auch die Einkaufsgewohnheiten und Ansprüche an Lebensmittel ändern sich stetig: Waren Restaurantbesuche früher die Ausnahme, kochen wir heute viel weniger selbst.

 Hat man früher Gemüse auch noch gekauft und gegessen, wenn es schon ein wenig schlaff oder welk war, wollen wir heute alles makellos und knackig frisch.

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Ungesteuertes Weglassen von Verpackungen würde zu Lebensmittel- und somit Rohstoff- und Energieverschwendung führen

Indem Verpackungen Lebensmittel frisch halten und verhindern, dass sie verderben, helfen sie maßgeblich dabei CO₂ einzusparen: Denn die Landwirtschaft ist mit knapp 20% am weltweiten CO₂-Ausstoß beteiligt. Dies beinhaltet noch nicht die aufgewandte Energie für den Transport der Lebensmittel, der ebenfalls zu Buche schlägt.

Alle Lebensmittel, die weggeworfen werden, weil sie unseren Ansprüchen nicht mehr genügen, wurden umsonst produziert und haben umsonst die Umwelt mit CO₂ belastet. . Das bedeutet: Verpackung ist nicht per se eine ökologische Negativkomponente - vielmehr können durch adäquate Verpackungen von Lebensmitteln große Teile an landwirtschaftlicher Fläche, Dünger wie auch Methan- und vor allem CO2-Emissionen eingespart werden.

 

Der Agrarsektor gehört heute zu den wichtigsten Quellen anthropogener Treibhausgasemissionen. Es wird davon ausgegangen, dass rund ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen aufgrund von Nahrungsmittelproduktion anfallen (IPCC 2021, Nature Food 2021). Sie resultieren aus Landnutzungsänderungen durch die Umwandlung von Wäldern zu Acker- und Weideland, sowie aus der Trockenlegung von Mooren und dem Verbrennen von Biomasse. Auch der Transport, Abfallmanagement und Industrieprozesse tragen dazu bei.

Die Unverpackt-Läden haben ein ausgewähltes Sortiment an Produkten, die Verkaufsprozesse ohne Verpackung vertragen

Unverpackt-Läden gibt es immer mehr und bringen die Bereitschaft der Gesellschaft zum Ausdruck, tiefgreifende Verhaltensmuster der Bequemlichkeit zu ändern. Doch dazu müssen die Kundinnen und Kunden bereit sein, für bestimmte Produkte eigene Behälter zum Einkauf mitzubringen.  Das funktioniert für den Teil der Menschen, die bewusst in Unverpackt-Läden einkaufen. Die Frage ist jedoch: Funktioniert es auch im großen Stil? Wer sich auf das System heutiger Unverpackt-Läden umstellen möchte, muss erstens genau im Voraus planen und zweitens für alle gekühlten oder eingelegten Produkte immer noch zum Supermarkt. Man muss also bereit sein, Zeit zu investieren und sich von Spontanität ein Stück weit verabschieden. 

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Die Auffuellerei Frankfurt

Angebote ohne Verpackung sind schon seit einiger von Life-Style-Anbietern entdeckt worden

Auch im Bereich der Drogerieprodukte gibt es immer mehr Angebote ohne Verpackung - und zwar mit großem Erfolg.

Das zeigt deutlich das Interesse in der Gesellschaft und die Bereitschaft, unverpackte Produkte zu kaufen. 

Shirin Kriklava

Zur Förderung von Unverpackt-Produkten gibt es auf den Brücken Markthallen mit Standplätzen für Verkäufer aus der Region

Je kürzer die Lieferwege, desto weniger Verpackung wird benötigt. Daher sind spezielle Markthallen auf den Frankfurter Brücken Produkten aus der Region bzw. Produktionsgemeinschaften aus dem Umland vorbehalten. 

Markthalle auf den Brücken für Produkte aus der Region, Urban Gardening, oder auch Schrebergarten-Ernten

Pfandwerk

Die nächstbeste Verpackungsvariante: ein Mehrwegsystem in Normgefäßen

Insbesondere Bio-Supermärkte gehen dazu über, für die typischen Unverpackt-Produkte umweltfreundliche Mehrweg-Glasverpackungen anzubieten – denn die Selbstabfüllung ist für viele Kunden zeitraubend oder wird als unhygienisch empfunden. 

Sind die Produkte jedoch „abgepackt“, kann man sie direkt aus dem Regal mitnehmen, muss sie nicht abfüllen und abwiegen und kann sich sicher sein, dass sie ab Werk nicht verunreinigt wurden.  

Aus Verbrauchersicht haben die meist schwereren Mehrwegverpackungen allerdings vor allem den Gewichtsnachteil. Auch die Notwendigkeit, sie wieder zurück zu transportieren,  beeinträchtigt den Kaufprozess.

Mehrwegverpackungen aus gehärtetem Glas und emailliertem Edelstahl funktionieren für viele Supermarktprodukte

Schon heute gibt es in den Supermärkten Verpackungen aus Glas und Metall – nur sind die meisten keine Mehrwegvarianten: Gewicht und Rücknahmeaufwand lassen Käufer oft zurückschrecken,  Tansport- und Reinigungskosten  machen es auch für die Lebensmittel-Hersteller zu einer aufwendigen Lösung. 

Auf den Brücken werden daher besondere Glasverpackungen genutzt: Durch chemisch gehärtetes, bruchsicheres Glas lassen sich Glasbehälter bei gleicher Festigkeit wesentlich dünner fertigen. Das macht die Gläser leichter. Durch das dünnere Glas spart man zudem, wie auch bei den Take-away Leichtglas-Behältern, Energie beim Transport und reduziert deutlich das Gewicht im Einkaufskorb. 

Auch Behälter aus Metall sind potenziell mehrwegfähig. Beim Verpackungssystem der Frankfurter Brücken werden im Unerschied zu heutigen klassischen Metalldosen Norm-Behälter aus emailliertem Edelstahl für Supermarktprodukte verwendet, die mit einem Schraubverschluss versehen sind. So muss die Dose nicht – wie heutige Dosen – zerstört werden, um geöffnet zu werden, sondern wird erneut in den Kreislauf gebracht. Erst wenn sie nicht mehr gebrauchsfähig ist, wird sie recycelt. 

Wenn genug Lieferanten die gleichen Normbehälter nutzen, sinken die Transportkosten für den Rücktransport der gebrauchten Verpackungen signifikant durch die mögliche Logistikoptimierung. 

Wie bei allen Mehrwegkonzepten sorgt ein Pfandsystem dafür, dass die Gefäße zurückgegeben werden. Entweder über eine Renomat-Tonne, die wie die gelbe Tonne an den Brückenhäusern steht, oder direkt im Supermarkt. 

Das effiziente Mehrwegsystem auf den Brücken: Reduktion von Komplexität bei gleichzeitig großer Auswahl an Gebindegrößen und -formen

Verschiedene Produkte unterschiedlicher Hersteller können in die gleichen Normgefäße abgefüllt werden. Diese gibt es in unterschiedlichen Größenabstufungen, so dass für die verschiedensten Produkte auf jeden Fall passende Größen mit dabei sind – wie z.B. für Ingwershots nur sehr kleine Gebinde passend sind, werden hingegen Obstsäfte meist in Gebinden von über 100ml nachgefragt.

Das bedeutet, dass leere Verpackungen flexibel und austauschbar zu allen Herstellern, die an dieses System angeschlossen sind, zurückgeliefert werden können. Dies ermöglicht eine signifikante Logistikoptimierung für die Rückliefer-Transportwege der Mehrweg-Verpackungen. Außerdem können Lastwagen der Hersteller, die Ware anliefern, immer mit leeren, vorgereinigten Mehrweg-Verpackungen zurückfahren. 

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Bei der Verpackungsauswahl für Drogerieartikel ist die Gewährleistung von Hygiene und geringem Gewicht die größte Herausforderung

Ähnlich wie bei den Lebensmitteln im Supermarkt gibt es allerdings auch in der Drogerie Artikel, die ohne Verpackung auskämen, wie beispielsweise Bürsten, Handspiegel oder auch Seifenstücke. 

Kosmetische sowie medizinische Produkte erfordern jedoch eine Verpackung, da bestimmte Hygienestandards eingehalten werden müssen.  Gleiches gilt für Hygieneprodukte wie Tampons oder Binden.

Während man für Cremes, wie im Kapitel „Take-away Verpackungen“ beschriebenen wurde, bruchfestere Glasverpackungen vorsehen könnte, wäre dieses Material für viele andere Artikel (Küchenrollen etc.) im Verhältnis zum Produktgewicht zu schwer. Für viele kosmetische Produkte wie Mascara oder Lippenstift können flache Weißblechtiegel eingesetzt werden.  

 

 

Bei Lebensmittelverpackungen ist Haltbarkeit die größte Aufgabe

Im Supermarkt benötigen die meisten Lebensmittelgruppen Verpackungen, um Haltbarkeit zu maximieren: Die Verpackungen schützen sie zum einen vor Keimen, zum anderen davor, beschädigt zu werden. Dies ist zum Beispiel bei empfindlichen Lebensmitteln, wie Wurst oder Himbeeren wichtig.

Verpackungen verhindern aber auch, dass Lebensmittel wie Salat, Brokkoli und anderes Gemüse austrocknen und welken oder umgekehrt, „schwitzen“, wie es bei Pilzen der Fall ist. 

Manchmal ist die Verpackung auch nötig, damit die Lebensmittel nicht oxidieren. So werden zum Beispiel Fleisch und Fisch häufig vakuumiert oder unter eine Schutzgasatmosphäre abgepackt. Auch krosse Produkte wie Chips müssen in einer Schutzgasatmosphäre verpackt werden. Diese verhindert, dass diese Lebensmittel Wasser ziehen und so an „Knusprigkeit“ oder Aroma verlieren.

Verpackungen sind daher nicht per se schlecht – im Gegenteil: Sie tragen durch Wahrung von Haltbarkeit und Hygienestandards indirekt dazu bei, den Konsum insgesamt nachhaltiger zu machen. 

Insbesondere bei Lebensmitteln haben viele Produkte sehr spezielle Anforderungen an ihre Verpackung

1. Schutz vor mechanischen Verletzungen (Druckstellen, Quetschungen): vor allem bei empfindlichen Obst- und Gemüsesorten resultieren Druckstellen in verringerter Haltbarkeit.

 

2. Schutz vor chemischen Prozessen und Stoffwechselprozessen bei Pflanzen: 

  • Transpiration: Bei blattreichen Pflanzen, wie Salaten, kommt es durch natürliche Vorgänge in der Pflanze zu Verdunstung von Wasser. Dies geschieht über speziell regulierbare Öffnungen an der Blattunterseite. Der Vorgang wird durch die Temperatur sowie die Luftfeuchtigkeit beeinflusst.  Um die Austrocknung zu verhindern und somit Lebensmittelabfälle zu verringern, ist eine Verpackung, die die Luftfeuchtigkeit um das Produkt herum relativ konstant hält und so die Transpiration verringert, notwendig.
  • Atmung und Stoffwechselproduktion: Früchte, deren Schale (ihr natürlicher Schutz) verletzt wurde, beginnen dort den Gärprozess. Bei Pilzen kommt es ohne Verpackung zu anaerober Atmung, welche zu Geschmacks- und Geruchsveränderungen sowie schnellerem Verderben führt. Genauer: Zucker, der zu CO2 oxidiert verbraucht dabei Sauerstoff, wobei Wasser freigesetzt wird.
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3. Haltbarkeit durch Vakuumieren: Durch das Entziehen von Luft werden nicht nur reaktionsfähige Gase am Lebensmittel reduziert, sondern es bleiben auch Nährstoffe erhalten. Frischfleisch wird beispielsweise immer häufiger vakuumiert. Es enthält den purpurnen Farbstoff Myoglobin. Dieser würde durch eine erhöhte Konzentration von Luftsauerstoff zu Oxymyoglobin (hellroter Farbstoff) oxidieren. Indem das Eisen-II-Ion zum Eisen-III-Ion oxidiert wird das Metmyoglobin gebildet. Dadurch weist das Fleisch dann eine grau-braune Farbe auf. (DLG.org) Verhindert warden kann dieser Prozess durch Vakuumieren oder eine Schutzatmosphäre.

 

4. Einfaches Abhalten von Kontaminationen aus der Umwelt: In der Umwelt gibt es viele Einflüsse, die Lebensmittel schneller verderben lassen, beispielsweise Keime, die einen Wurstaufschnitt verderben lassen. Abhilfe schaffen dichtes Einpacken oder Vakuumieren.

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5. Haltbarkeit durch Schutzgasatmosphären: Hierbei besteht das Gas innerhalb der Lebensmittelverpackung aus verschiedenen Gaskomponenten wie Kohlenstoffdioxid, Stickstoff und Sauerstoff. Diese haben verschiedene Funktionen wie die Hemmung von Oxidationsprozessen und des Wachstums von aeroben Bakterien (CO2 und N2) sowie Hemmung des Wachstums für anaerobe Mikroorganismen (O2). Man unterscheidet hierbei zwischen verschiedenen Zusammensetzungen.

  • Controlled Atmosphere: Anreicherung mit Stickstoff und Verdrängung von Sauerstoff. Wird nicht im Verkauf, sondern vor allem bei langer Lagerung von Obst oder Gemüse eingesetzt. 
  • Modified Atmosphere: Verschiedene Gasgemische je nach Produkt. Um beispielsweise Aufbackbrötchen möglichst lange haltbar zu machen und Schimmel zu vermeiden, wird in die Verpackung eine Schutzgasatmosphäre eingeleitet. Nüsse wiederum benötigen eine Schutzgasatmosphäre aus Stickstoff, da sie sonst aufgrund ihres hohen Fettgehalts schnell ranzig werden. Auch im Falle von Milchprodukten wie Käse oder Joghurt wird Stickstoff oder Kohlenstoffdioxid als Atmosphäre zum Produkt gegeben.
  • Equilibrium Modified Atmosphere (EMA): Atmosphäre, bei der ein Gasaustausch möglich ist. Wird vor allem bei Obst und Gemüse angewendet, da bei diesen die produkteigene Atmung berücksichtigt werden muss. Daher wird die Verpackungsfolie mikroperforiert, was einen Gasaustausch zwischen CO2 und O2 und somit bessere Haltbarkeit sowie längere Frische ermöglicht. Ein Beispiel hierfür sind Erdbeeren oder Pilze.
Isabel Hermes

Wegen Haltbarkeitsanforderungen, Gewichtsgründen oder aufgrund der Produktform wird für die Verpackung mancher Produkte Kunststoff benötigt

Mehrweggläser und -dosen sind für alle Lebensmittel geeignet, die sich in ihrer Form anpassen, wie Marmelade oder Joghurt, Reis, Bohnen oder auch Butter. Glasbehälter und Metalldosen sind jedoch nicht für alles optimal geeignet: Wurst- oder Käseaufschnitt sowie Obst und Gemüse lassen sich nicht in ihnen verpacken. 

Auch für Tiefkühlprodukte sind sie nicht geeignet, ebenso wenig für Fertigprodukte, die in ihrer Verpackung zubereitet werden, da extreme Temperaturen sich negativ auf das extrem dünne Glas oder Metall auswirken können.

Bei andere Produkten wiederum wird Kunststoff benötigt, um Vakuumieren zu können oder einen Gasaustausch durch spezielle Mikroperforierungen zu gewährleisten

Bei sperrigen Drogerieprodukten wie Toilettenpapier wären entsprechend große Verpackungen aus Glas oder Metall im Verhältnis zu schwer: Für einige solcher Produkte sind unbeschichtete, und damit gut recyclebare Papierverpackungen die Lösung, aber für alle feuchtigkeitshaltigen Produkte in der Drogerie entfällt auch diese Option.

Fazit: Um allen Anforderungen eines modernen Lebensmittel- und Drogeriemarkts gerecht zu werden, braucht es tatsächlich noch ein Verpackungsmaterial außer Metall und Glas - und zwar mit den Eigenschaften von Kunststoff. 

 

Der Kunststoff der Wahl: biobasiertes Polyethylen (PE)

Um das Schadenspotenzial von Kunststoffen zu minimieren, sollten sie:

1. nicht aus knappen oder regional begrenzten Ressourcen hergestellt werden (also z.B. nicht aus Erdöl), sondern sollten am besten aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden können.

2. recyclebar oder wenigstens fürs Downcycling geeignet sein.

3. bei der Entsorgung weder Mikroplastik noch Schadstoffe noch unfilterbares (i.e. mit Rückständen belastetes) CO2 absondern.

 

Außerdem soll

1. beim Verbrennen kein Stoff entstehen, der nicht problemlos herausgefiltert werden kann.

2. der Kunststoff für Lebensmittel geeignet sein, idealerweise auch für säurehaltige Produkte. 

3. der Kunststoff nach dem deutschen Lebensmittelrecht für Lebensmittelkontakt zugelassen sein.

 

Polyethylen (PE) ist ein solcher Kunststoff. Schon heute wird er als Verpackungsmaterial in der Lebensmittelindustrie sowohl für robuste Hartplastikverpackungen als auch für Folienverpackungen genutzt. Polyethylen kann aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zucker, Stärke oder Zellulose oder sogar aus Abfallprodukten wie Lebensmittelresten oder Schalen hergestellt werden. Wenn man es sortenrein verbrennt, entstehen dabei ausschließlich CO2 und Wasser. Das CO2 kann abgefangen und aus dem Kreislauf herausgenommen bzw. sogar für andere chemische Herstellungsprozesse verwendet werden. 

Für Folien und Kunststoffverpackungen kommt auf den Frankfurter Brücken daher primär Polyethylen aus nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz. Indem die Verpackung aller Artikel, die Kunststoff benötigen, in den Brückengeschäften primär auf den einen Kunststoff PE beschränkt werden, wird das sortenreine Verbrennen ermöglicht – anders als bei der Vielzahl an Kunststoffen, die heute in der gelben Tonne landen.

PE kann aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden

Polyethylen kann aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wie zum Beispiel Zucker, Stärke und Zellulose, oder aus Abfallprodukten, wie z.B. Schalen, die bei der Produktion von Lebensmitteln anfallen. Dies gilt allerdings auch für Polypropylen, dem zweiten weit verbreiteten Kunststoff für Lebensmittelverpackungen, der allerdings andere Nachteile hat (s.u.). 

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Bei der Verbrennung von reinem PE entstehen lediglich Wasser (H2O) und Kohlstoffdioxid (CO2)

Die Betonung liegt auf „rein“, denn Polyethylen ist nicht gleich Polyethylen: Es muss vielmehr immer das gleiche PE genommen werden (i.e. mit den gleichen Additiven), damit bei gemanagter Verbrennung das CO2 und Schadstoffe schematisch und damit lückenlos abgegriffen werden können. Nur dann entstehen lediglich CO2 und H2O.

In ganz geringen Mengen werden auch die Verbrennungsprodukte von Additiven freigesetzt, die allen Kunststoffverpackungen hinzugefügt werden müssen. Aber auch hier kann durch Standardisierung die Zahl der Additive im Polyethylen-Verpackungsmaterial deutlich reduziert werden.

Wird CO2 in (fast) Reinform mit standardisierten Verfahren herausgefiltert, kann es für andere biologisch-chemische Prozesse genutzt werden, zum Beispiel für Algenfarming (benötigt allerdings große „Seen“) oder zur Herstellung von anderen Kunststoffen wie z.B. Polyhydroxybuttersäure (PHB) oder für künstliche bzw. künstlich geförderte Photosynthese.

Neben PE werden nur die Kunststoffe in die Verpackungspalette der Brücken aufgenommen, die auch aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden können, sich CO2-arm verbrennen lassen oder für die eine Mikroplastik-freie Entsorgung garantiert werden kann

Die Bandbreite der Kunststoffverpackungen muss auf die Kunststoffe reduziert werden, die ohne Freisetzung von CO2-Emissionen verbrannt werden können: Das ist aber nur dann möglich, wenn beim Verbrennen reines CO2 anfällt, denn nur dieses kann im Anschluss in anderen chemischen Prozessen genutzt bzw. standardisiert gebunden werden.  

Hinzu kommen Kunststoffe, die sich rückstandsfrei abbauen lassen, d.h. in die Biomülltonne können. Wichtig ist dabei, (1) dass sie wirklich rückstandsfrei abbaubar sind und nicht nur unter Laborbedingungen, das bedeutet: sie zersetzen sich komplett ohne Mikroplastikreste abzusondern. Ferner muss sichergestellt sein, (2) dass ihr biologischer Abbauprozess nicht energieintensiv ist bzw. dass sie sich in Kompostier-Anlagen in vertretbarem Zeitraum zersetzen, ohne dass aufwendige Mikrokulturen gezüchtet, temperiert und kontinuierlich erneuert werden müssen.

Die Verwertung von PE kann nahtlos in das Kreislaufsystem auf den Brücken integriert werden

Nachdem die PE Verpackungen von anderen Verpackungsmaterialien getrennt wurden, werden sie verbrannt. Solange das PE sauber hergestellt wurde, entstehen bei diesem Prozess nur CO2 und H2O (Wasser). Die bei dem Verbrennungsprozess entstehende Energie kann weiter genutzt werden. Das CO2 wird mit speziellen Filtern abgefangen, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt. Es kann auf verschiedene Art und Weise weiterverwertet werden, z.B. in der Schutzatmosphäre von bestimmten Produkten, aber auch in der Chemieindustrie. Würde das PE - wie viele Kunststoff heutzutage – in offenen Deponien gelagert werden, entstünde das Gas Methan, welches 25 Mal mehr Hitze in der Atmosphäre speichert als CO2.

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Schematische Darstellung der Verpackungsentsorgung bzw. -wiederverwertung

Die drei Verpackungsarten (aus Glas, Metall oder PE) werden von den Häusern auf den Brücken abgeholt, zum Städtischen Entsorger transportiert, dort entweder gemanagt verbrannt (PE) oder gereinigt wieder zurück an den Produzenten geliefert, um von dort neu befüllt wieder in den Supermarkt zu gelangen.

Fazit: Die Reduktion der Komplexität ist im Hinblick auf den Entsorgungsprozess das Ziel der Verpackungsmaterial-Auswahl

Wir müssen für alle Produkte die passende Form finden:

Unverpackt, wo immer es geht, und Norm-Glas- und Norm-Metall-Behälter als Mehrweglösung, wenn es zum Produkt passt.

Alle Produkte, die nicht darunter fallen , sondern mit Kunststoffverpackungen deutlich haltbarer werden, sollten aus Nachhaltigkeitsgründen auch tatsächlich mit Kunststoff verpackt werden, um das Wegwerfen von Lebensmitteln zu vermeiden.

Die Einweg-Entsorgung von Kunststoff ist dann weniger problematisch, wenn er aus nachwachsenden Rohstoffen (d.h. CO2-neutral) hergestellt wurde und entweder ohne Mikroplastik-Risiko in die Biomülltonne entsorgbar ist oder wie bio-basiertes PE bei Verbrennung so reines CO2 entstehen lässt, dass dieses in Anschlussverfahren zur Herstellung anderer Produkte genutzt werden kann und nicht in die Luft emittiert wird.